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“Millionen Euro verschwinden im digitalen Nirwana”

Karlsruher Content-Stratege Julian Hoß rechnet mit ineffizienter Unternehmenskommunikation ab

Julian Hoß macht keinen Hehl aus seiner Meinung: “Imagefilme sind die vermeintlich eierlegende Wollmilchsau – mit Burn-Out.” Der Geschäftsführer der NACONA Filmproduktion und Gründer der Content Creation Academy hat in einem vielbeachteten Webinar der Gesellschaft für Arbeitsmethodik eine fundamentale Kritik an der deutschen Unternehmenskommunikation geäußert.

Das Millionen-Problem der Unternehm Imagefilm ist tot, Julian Hoß en

Seine Botschaft ist eindeutig: Jährlich verschwinden Millionen Euro in wirkungslosen Imagefilmen. “Noch immer werden jedes Jahr unzählige Imagefilme produziert und verschwinden wirkungslos im digitalen Nirwana”, so Hoß.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Während deutsche Unternehmen zwischen 1,3 und 10 Prozent ihres Umsatzes für Marketing ausgeben, landen oft 10-15 Prozent davon in Content-Produktionen – häufig ohne messbare Ergebnisse.

Die vier Kardinalsfehler

Hoß identifiziert vier Hauptgründe, warum Imagefilme noch immer produziert werden:

  1. Management-Entscheidungen ohne strategische Basis: “Die Geschäftsleitung möchte einen oder die Konkurrenz hat einen neuen”
  2. Strategische Bequemlichkeit: Keine Gedanken über Zielgruppen, Inhalte oder Distribution nötig
  3. Definitionsprobleme: “Niemand weiß eigentlich genau, was es ist”
  4. Opportunistische Beratung: Filmproduktionen und Werbeagenturen verkaufen das vermeintlich Einfache

Konkrete Alternativen statt Phrasen

Der studierte Wirtschaftsingenieur präsentierte einen strukturierten 6-Punkte-Plan für erfolgreiche Content-Formate:

  • Kommunikationsziele definieren
  • Zielgruppen und Personas entwickeln
  • Kanäle und Touchpoints analysieren
  • Relevante Themen identifizieren
  • Kernbotschaften entwickeln
  • Tonalität und Mehrwert festlegen

“Statt zu fragen, wie viel Spaß die Mitarbeiter beim Arbeiten haben, sollten wir fragen: Hat das Unternehmen eine Lösung für die Probleme der Zielgruppe?”, fordert Hoß.

Budget-Realitäten: Von 5.000 bis 500.000 Euro

Besonders aufschlussreich waren Hoß’ Kostenkalkulationen. Ein einfacher Imagefilm kostet zwischen 10.000 und 20.000 Euro, aufwendige Produktionen können über 170.000 Euro erreichen. Sein Rat: Das Hero-Hub-Help-Modell mit einer 20-60-10-Aufteilung des Content-Budgets.

Für ein Unternehmen mit 32 Millionen Euro Umsatz bedeutet das bei 10 Prozent Marketing-Budget: 320.000 Euro für Content-Produktion jährlich. “Die Frage ist: Investieren Sie das in einen einzigen, wirkungslosen Imagefilm oder in eine strategische, kontinuierliche Kommunikation?”

Erfolg durch Authentizität

Als Positivbeispiel führte Hoß die Deutsche Bahn-Serie “Bahnsinn Riedbahn” an – selbstironisch, ehrlich und beim Publikum erfolgreich. “Über 695.000 Aufrufe und begeisterte Kommentare zeigen: Authentisches Storytelling funktioniert.”

Seine Erfahrung aus über zehn Jahren mit Kunden von KMU bis zu Ministerien fließt auch in die Content Creation Academy ein, wo bereits über 1.000 Personen geschult wurden.

Industrie im Wandel

Hoß sieht die Content-Branche an einem Wendepunkt: “2025 müssen Unternehmen mutiger werden. Weg von Standard-Lösungen, hin zu strategischer, zielgruppengerechter Kommunikation.”

Seine Prognose: Unternehmen, die weiterhin auf klassische Imagefilme setzen, werden zunehmend den Anschluss verlieren. “Es geht um kontinuierliche Kommunikation, nicht um One-Hit-Wonder.”

Das Webinar macht deutlich: Die deutsche Unternehmenskommunikation steht vor einem notwendigen Paradigmenwechsel. Die Frage ist nur, wer den Mut hat, traditionelle Pfade zu verlassen.